Textdesign
Die Textarbeit, die darauf zielt, den Text strukturell zu verbessern, könnte man Textdesign nennen. Ausgehend von einem bestehenden, mit der Zeit verwachsenen Text, oder aber von einem in Planung befindlichen, zu bauenden Text, besteht die strukturelle Textarbeit darin, die Unordnung im Text zu verringern und zu wenigen und enger verflochtenen Texteinheiten zu kommen. Die Peripherie des Textes wird kaum geändert, hier geht es um die inneren Schichten. Textdesign kann man grundsätzlich überall verrichten, wo man es mit ausformulierten großen Texten zu tun hat. Das Prinzip, unter dem man Textdesign macht, ist ein rein logisches, das sich nicht aus dem Bereich ergibt, wo der Text eingesetzt werden soll, sondern allein aus Text-internen Erwägungen. Das Vorgehen besteht darin, Ähnlichkeiten zwischen Texteinheiten zu finden, um zu modularen Verfassungen zu kommen, das heißt zu Texteinheiten mit starker inneren Bindung und flexibler Verbindung miteinander. Das Textdesign geht nahtlos ins Sprachdesign über, wenn es um grundlegende Texteinheiten mit sehr breiten Anwendungsmöglichkeiten gibt. Die Sprache ist strukturell gesehen eine Schicht des Textdesigns.
Als Vorbild für eine solche Textarbeit können wir die minimalistische Programmierung ansehen. Minimalismus könnte man das Ideal nennen, die Software möglichst einfach zu gestalten. Denn die Kunst der Programmierung besteht nicht darin, die Programme zu verkomplizieren — das tun sie mit der Zeit allein —, sondern sie zu vereinfachen. Es geht da nicht darum, Funktionalität zu sparen, sondern, den logischen Kern der Funktionalität ausfindig zu machen, die Software mit wenigen Grundfunktionen auszustatten, aus denen aber durch geschickte Kombination sich alle andere Funktionen ergeben. Der gute Softwareentwickler ist ein minimalistischer Schriftsteller, der sich in kürzen, genauen Sätzen mit perfekter Wortwahl ausdrückt und dem ganzen Werk eine überschaubare, stilvolle, ausbalancierte Einheit gibt.
Das Schöne an der Textarbeit, den richtigen Textbegriff vorausgesetzt, ist, dass man der Rationalität nachgeht, allerdings ohne diesen gefühlsbetonten und dramatischen Ausdruck zu benutzen. Die Textarbeit, die nicht das Effekt mit dem Text verwechselt, sondern den Text als solchen wahrnimmt und ihn mit seinen mehrfachen Effekten vergleicht, ist die Beschäftigung mit der Vernunft selbst, fern der verworrenen Autosuggestion und mit aufgewecktem Geiste.