Textantrieb

Manuskript

Text-Phänomenologie

Der Name der Rose

Software

Was ist eigentlich die Software? Was ist denn eigentlich ein Textverarbeitungsprogramm? Was ist eine Datenbank? Kann man so etwas anfassen? Wohl nicht. Ist es denn irgendwie eine Idee? Wohl auch nicht, denn eine Idee lässt sich maschinell nicht unmittelbar einsetzen, und die neu besorgte Software lässt sich direkt in den Rechner installieren und verrichtet eine bestimmte Arbeit. Wenn sie nicht real ist, wieso spielt sie im Einsatz, im Handel und Recht eine so stabile Rolle? Wenn sie real ist, wieso kann man sie so schlecht mit etwas Materiellem identifizieren, da man sie nicht wahrnehmen kann?

Die Software ist Text. Eine bestimmte Software, etwa die Version so und so vom Textverarbeitungsprogramm so und so, ist ein bestimmter, fixierter Text, der in elektronischer Form vorliegt. Eine Datenbank gibt es dann und nur dann, wenn es gewisse Informationsstrukturen gibt, die man auf gewisser Weise verarbeiten kann. Eine Software gibt es nur, insofern sie verursacht, dass das Verhalten des Rechners unter einer bestimmten Beschreibung fällt. Die Realität der Software ist die Realität der Sprache: der Text.

Deshalb ähnelt die Software so sehr einem Buch. Man kann sie ohne Verlust kopieren, womit man nicht eine neue gleiche, sondern noch einmal dieselbe Software bekommt. Und wenn man sie entwickelt, fängt man mit einer unausgegorenen Fassung an — die Schriftsteller reden vom Monster des Buches, die Softwareentwickler von der Alpha-Version des Programms —, die man allmählich ausreifen lassen muss, bis sie zum fertigen Produkt wird. Die Schwierigkeiten beim Programmieren und Schreiben sind sich tatsächlich sehr ähnlich, ja sie sind in beiden Fällen ein und dieselbe, nämlich die Schwierigkeit des Formalisierens. Schreiben, um etwas zu erklären, besteht darin, Erlebnisse in grammatikalische Sätze einzuschieben. Programmieren, um eine Aufgabe zu lösen, besteht darin, die Idee der Lösung in syntaktisch korrekten Sätzen auszudrücken. Wenn die Erlebnisse außergewöhnlich sind und es im eigenen Kulturkreis keine vorgefertigte Redemittel dafür gibt, wird der Prozess des Niederschreibens zu einer Zähmung des Wilden. Genauso wenn man versucht, einen Lösungsansatz zu programmieren; es ist ein harter Kampf gegen einen unbestechlichen Gegner, bei dem ständig neue Pferdefüße auftreten. Es handelt sich beim Schreiben wie beim Programmieren um ein und dieselbe Problematik, von jedem Buchautor wie Software-Entwickler gut bekannt, auch dieselbe, die Bertrand Russell logic's hell nannte, und auch die, die das Verfassen des Werkes zur Logik Hegel die laut eigener Aussage größte Anstrengung überhaupt bereitete: Es handelt sich um die aufreibende Tätigkeit, einen Text (einen weitläufigen, konsistenten, einem Zweck dienenden Text) auszuarbeiten.